Jetzt bin ich wieder hier. Irgendwie zuhause angekommen. Was hinter mir liegt ist sind zwei Wochen, in denen ich teils noch arbeitend, teils frei von Verpflichtungen, versucht habe meinem Bruder das Land ein wenig nahezubringen.
Vom bitterkalten Europa zog es ihn hinab in das, wie er dachte warme Israel. Sonne war zunächst jedoch noch nicht zu sehen. Stattdessen dicke Regenwolken, die nur auf das passende Zeichen warteten.
Unsere erste Station führte uns nach Akko, der Kreuzfahrerstadt unterhalb Naharijas. Wir sind keine gewöhnlichen Touristen. Wir machen anspruchsvolle Photos mit anspruchsvollen Motiven. Wir verwenden objektive. Sind objektiv. Wir sind einfach komplett anders als die Touristengruppen, die sich durch die engen Gassen quetschen. Wir haben Stil.
Nachdem wir uns ein wenig mit der Situation vertraut gemacht hatten, entschieden wir uns ein wenig Kultur zu gönnen. Ein Audioguide führt uns durch die Hallen, in denen einst Kreuzfahrer weilten. Das didaktisch sehr gut aufbereitete und sinngemäß wiedergegebene Material wird uns sicher noch Jahre in Erinnerung bleiben.
Wieder zurück geht es ins Dorf und der Bruder wird ein wenig sich selbst überlassen. Ende der Woche ging es dann nach Jerusalem. Es regnet. Wenn es in einer deutschen Stadt regnet, dann ist das fast Normalzustand verglichen hiermit. Das Wasser quoll aus den Abflüssen und nahm so manchen Gullideckel mit. An "HaKotel" [zu deutsch "Klagemauer", englisch "Western Wall"] war deswegen nicht viel los, trotz Erev Shabbat. Die Kameras ließen wir im Hotel, um sie zu schonen. Deswegen keine Bilder.
Später treffen wir Freunde eines Kumpels aus Nes Ammim. Mit ihnen treffen wir einen Freund des besagten Kumpels, der uns ein sehr nettes Restaurant zeigt.
Schon gen nächsten Morgen klart es auf, sodass wir uns entscheiden, auf den Ölberg zu gehen und uns die ganze Stadt von oben anzusehen. Jedoch nicht ohne zuvor einen Blick in die Grabeskirche geworfen und den Glockenturm der Erlöserkirche erstiegen zu haben.
Auf dem Weg zurück will uns ein Taxifahrer mit nach Bethlehem nehmen. Da wir sonst keine Möglichkeit sehen, dorthin zu kommen, sagen wir nach anfänglichem Zögern zu und sehen uns die Geburtskirche und die sogenannte Milchgrotte an. In ihr verlor die heilige Jungfrau einen Tropfen ihrer Milch. Heute beten hier fromme Christinnen für ihre Fruchtbarkeit.
Ein Blick auf die Mauer bleibt auch nicht aus.
Wie wir dem Fahrer schon zu Beginn erläutert hatten, war es Shabbat und wir hatten so gut wie kein Geld mit uns. Ich möchte an dieser Stelle der Volksbank für ihre exzellente Beratung danken, die uns beide zu der speziellen Generation2Go Jugendkreditkarte führte. Zum Schluss haben wir sogar etwas Geld bekommen, doch zwischenzeitlich betonte der Fahrer immer wieder wir hätten kein Problem. Nennt man so etwas Projektion?
Empfehlenswert ist es, abends in eine der zahlreichen Bars in der Nähe der Ben Jehuda Street zu gehen. Sehr geschmackvoll. Ehrlich. Trotzdem:
Das Bier, der Café, 25 NIS [~5 Euro].
Eine weitere, wesentlich billigere Sache ist der "Rundgang" auf der Stadtmauer. Für etwas mehr als einen Euro geht man eine ganze Zeit an den Zinnen entlang vom Jaffa Tor in Richtung Tempelberg. Dort muss man hinunter, kann jedoch auf der anderen Seite nicht mehr hoch, weil es nur in eine Richtung geht. Also wieder hoch zum Jaffa Tor und wieder runter. Lustige Menschen, diese Israelis.
Kurz bevor uns die Kälte, die nach wie vor die Sonnenstrahlen durchdrang, die Zehen abfror, fuhren wir per Bus nach Tel Aviv- Jaffo, wo wir unsere erste Begegnung mit dem Busbahnhof machten. Jedoch nur kurz, um dann direkt nach Eilat ans Rote Meer zu fahren, wo wir wieder mehr oder weniger zufällig des Kumpels Freunde und denselben trafen. Mit ihnen verbrachten wir einen sehr entspannenden Tag am Meer und tauchten ein in die phantastische Welt der Korallen und deren Fische. Schon mit einer Schwimmbrille und einem Schnorchel bewaffnet sieht man die erstaunlichsten Fische.
Doch nicht nur Fische können gebraten werden, auch wir lassen uns ein wenig aufwärmen und bevor wir uns eingecremt haben erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf Hautkrebs um 50%. Da können wir wenigstens außer den Korallen etwas mitbringen.
Nach anderthalb Tagen heißt es auch hier Abschied nehmen. Nordwärts führt uns unsere Route wieder zurück nach Tel Aviv- Jaffo. Ich darf hier auf das Buch "Student in Israel" verweisen. Eine Ausgeburt der Hölle. Ein Irrgarten. Einmal Passierschein A38 für alle Asterix Fans. Hinein findet wohl fast jeder, der sich für eine Weile im Land aufhält. Er stellt einen echten Knotenpunkt dar. Doch hinaus...
Der Komplex hat 7 Stockwerke und einige mehr "Zwischenstockwerke". System? Israeli? Wir kommen auf Platform 5 an, glaub ich und fragen nach einem Plan. Zum 7 Stock, da gibt es welche. Dort fragen wir: "Kann man denn bis nach Jaffo laufen?" -"Auf keinen Fall, nehmt den Bus auf Ebene [?]". Ok. Wir warten dort, ein Bus mit der passenden Nummer 43 kommt nicht. Einen Plan gibt es nicht. Also laufen. Kein Problem.
Einmal zum Salame Street Exit, Salami Straßen Ausgang. Schilder finden sich schon.
Natürlich finden sie sich, nur führen sie immer zu einem Notausgang. An einem spricht uns ein Mann im Rollstuhl auf französisch an. "Das ist der falsche. Da kommt ihr nicht raus." Zum Schluss gehen wir praktisch dort raus.
Später erfahren wir von der "Rezeptionistin" unseres Hostels, keiner würde den Weg hinaus kennen.
15 Minuten zu Fuß. Wir stehen in einem etwas heruntergekommenen Fabrikgegend und sehen in eine Straße mit einer Motorradwerkstatt. Hausnummer 10. Die Tür des Hostels bildet die Fassade, die wir erst auf den zweiten Blick entdecken. Was ist das bloß für eine Absteige? Sind wir hier richtig?
http://www.flickr.com/photos/tobias225/
Oben empfängt uns eine Volontärin, die uns unser Zimmer zeigt, selbstverständlich ein Dorm [Gemeinschaftsschlafraum mit 6-8 Betten]. Einchecken können wir erst um sieben, also erst einmal nach Jaffo etwas essen. Wir bekommen Shwerma [ähnlich wie Dönerfleisch vom Lamm] und Kbab [Lammfleisch an zwei Spießen]. Dazu etwa 15 Sorten Salat und Humus.
Wir sind satt.
Zurück im Hostel erklärt uns Nathalie, die "Cheffin" des Hostels die Umgebung und das Prinzip der Herberge. Es ist praktisch wie eine Familie. Alle zwanzig Minuten kommt jemand herein, stellt sich vor und schon ist man im Gespräch. Neben einer deutschen Volontärin, die auf dem Weg zu Ralf Ramacher war, treffen wir eine Theologiestudentin, einen Hardcore Atheisten, der ein Erev Shabbat leiten will, potentielle Weltverbesserer, Hippies und Schnapsnasen. Und natürlich auch ganz normale Leute.
Tags darauf verabreden wir uns mit Freunden aus Nes Ammim in Jaffo. Jahrhundertelang kam man, wenn man mit dem Schiff an Land setzte, dort an. Der Hafen wurde letztendlich nach Akko und schließlich Haifa verlegt und die Stadt gedeiht heute als Tourismus Ziel.
Ein wenig Sonnenbaden noch, ein paar anregende politische Gespräche und nicht gut schmeckende Biere und dann muss auch der Bruder wieder auf die Reise gehen. Doch man sieht sich ja immer zweimal im Leben.